Heidi Schörken

Rede von Heidi Schörken in der Kreistagssitzung zum Tagesordnungspunkt „Weisungsbeschluss Heidekreisklinium GmbH“

9. September 2020

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrter Herr Landrat,
liebe Kreistagskolleginnen und -kollegen,
liebe Gäste,

ein neues modernes Krankenhaus- zentral gelegen, für alle im Heidekreis in circa 30 Minuten erreichbar und durch einen Förderbetrag aus Hannover unterstützt- das war zu Beginn des Verfahrens die Ausgangslage, die zunächst von uns allen befürwortet wurde.

Dann gab es Gutachten verschiedener Unternehmen, die von Dr. Rogge als Geschäftsführer des Heidekreisklinikums zusammengefasst wurden,

Fazit:
Das Klinikum sollte entweder an einem Standort D4 (Dorfmark) oder F4 (südlich von Bad Fallingbostel) erstellt werden. Dabei präferierte er eindeutig den Standort F4.

Zu den Kosten könne man noch nichts sagen, das Verfahren müsse erst mal auf den Weg gebracht werden, damit man in Hannover über den Zuschlag der Fördersumme von z.Zt. 133.000.000, – Euro entscheiden könne. Falls der Heidekreis dann den Zuschlag bekäme, müsse ein Architektenwettbewerb eingeleitet werden und erst nach dem könne man zuverlässig über Kosten sprechen.

Soweit die Vorgeschichte.

Sicherlich ist es das gute Recht des Geschäftsführers, einen Standort zu benennen, den er für den geeignetesten hält.
Zwischenzeitlich haben wir ja auch erfahren, dass die Gutachter nun plötzlich auch ausschließlich den Standort südlich von Bad Fallingbostel für den einzig richtigen halten, obwohl auch sie zunächst Dorfmark in der engen Auswahl hatten.

Ich betone, dass ich davon ausgehe, dass die Sachverständigen ihre Expertise sachlich anhand der vorliegenden Zahlen und Daten erstellt haben. Aus meiner anwaltlichen Praxis weiß ich aber, dass es keine objektiven Gutachten gibt, sonst würden häufig erstellte Gegengutachten nicht fast immer zu einem völlig anderen Ergebnis kommen. Es spielt nun einmal immer auch die subjektive Komponente eine Rolle, häufig völlig unbeabsichtigt.

Außerdem gibt es in diesen Begutachtungen so viele Unsicherheitsfaktoren, dass man überhaupt keine zuverlässige Zukunftsprognose stellen kann:

Es geht um Statistiken und Rechenmodelle, an vielen Stellen wird ausdrücklich auf die Unsicherheit der Daten hingewiesen, weil sie bisher keine Verifizierung erfahren haben.

Da muss es gestattet sein, Zweifel an der Unanfechtbarkeit der Aussagen zu äußern.

Es gibt offenbar auch fehlende Faktoren: Als bei der Sitzung des Bauausschusses zu diesem Thema ein Zuhörer fragte, ob die langen Wartezeiten in Soltau vor den Eisenbahnschranken an der Walsroder Straße und der Celler Straße auch Berücksichtigung gefunden hätten, erntete er nur einen ratlosen Blick der angesprochenen Gutachterin, die die Frage auch noch falsch verstand.

Auch die Zeitangaben zur erforderlichen Erreichbarkeit des Krankenhauses bzw. des Notfalleinsatzes sind nach Angaben des Geschäftsführers vom GBA willkürlich angesetzte Zahlen, die auch ganz anders hätten aussehen können.

Auch aus diesen Gründen konnten meine Zweifel an der Favorisierung des Standortes südlich Bad Fallingbostel nicht ausgeräumt werden.

Es ist nachvollziehbar, dass für Dr. Rogge die Wirtschaftlichkeit des zukünftigen Unternehmens Klinikum im Vordergrund steht: Das ist sein Auftrag, dafür ist er engagiert worden.

Das ist aber nicht das, was für uns als Politikerinnen und Politiker die wichtigste Aufgabe ist:
Wir alle sind gewählt worden, um die Interessen und Bedürfnisse unserer Bevölkerung im Heidekreis so gut wie möglich zu vertreten, dabei geht es ausschließlich um unseren Landkreis und nicht darum, vielleicht im südlichen Bereich hinter diesem weitere Patienten für ein solches Klinikum abzuwerben.
Ob dies überhaupt gelingt, steht in den Sternen: In der Umgebung des Heidekreises hat man eigene Krankenhäuser und der Weg nach Hannover oder Bremen ist auch nicht allzu weit.

Wenn man dann demgegenüber billigend in Kauf nimmt, dass ca. 42.000 Bewohnerinnen und Bewohner des nördlichen Heidekreises keine Akzeptanz für einen Standort zeigen werden, der hinter Bad Fallingbostel schon recht nahe an Walsrode liegt, dann stellt dies eine Ignoranz dieser Bevölkerung dar, die schon ihresgleichen sucht. Insbesondere auch deshalb, weil sie dieses Krankenhaus mitfinanzieren werden.

Vor fast 10 Jahren gab es eine Umstrukturierung der beiden Krankenhausstandorte mit Verlagerung wichtiger und bis dahin profitabler Abteilungen nach Walsrode. Das allseits bekannte Ergebnis war, dass hierfür die Akzeptanz der nördlichen Heidekreisbevölkerung fehlte und dies zuletzt zu einem Defizit von 13.000.000 € führte, das möchte ich nicht noch einmal erleben!

Ein weiterer gleich zu gewichtender Faktor sind die Kosten:

Es wird immer wieder gesagt, dass man belastbare Kosten erst nach dem Architektenwettbewerb benennen könne, wenn die dann tatsächlich als zu hoch empfunden würden, könne man das Verfahren ja immer noch beenden!

Man stelle sich vor, in einer Gemeinde solle ein Projekt auf den Weg gebracht werden und die Verwaltung teilt dem Rat mit, man solle dies positiv bescheiden, aber die Kosten könne man erst im Laufe des Verfahrens mitteilen.

Hier ist nicht einmal sicher, wie hoch die Fördersumme, so sie denn überhaupt an uns fließt, sein wird. Der Geschäftsführer hat selbst erklärt, dass sie höher, aber auch niedriger ausfallen könne.

Der Fördermittelantrag aus 2018 beträgt 163.000.000 €, z.Zt. spricht man von einer möglichen Bewilligung in Höhe von 133.000.000 €.

Geht man von Bruttokosten für das neue Krankenhaus von ca. 193.000.000 € aus zuzüglich zu erwartender Baukostensteigerungen von mindestens 30% in 6 Jahren Bauzeit, liegt man bei 240.000.000 € abzüglich der jetzigen Fördersumme von 133.000.000 €, dann liegt man bei 107.000.000 €, die der Landkreis allein für den Bau zu zahlen hätte. Hinzu kommen die Kosten für das Grundstück, den Hubschrauberlandeplatz, evtl. Zufahrten, die Privatstation und eine evtl. Krankenhausküche.

Freundlich geschätzt liegen die Kosten dann bei 295.000.000 €, abzüglich der Fördersumme müsste der Landkreis dann 162.000.000 € zahlen.

Berücksichtigt werden müssen natürlich auch noch die weiterlaufenden Kosten der beiden alten Standorte bis zur Fertigstellung des neuen Krankenhauses.

Und das alles in Zeiten von Corona, in denen wir alle noch nicht wissen, wie hoch der finanzielle Einbruch auch für den Landkreis ist, wie hoch dann die Verschuldung liegt. Und es ist völlig unrealistisch, zu erklären, dass man dann ja immer noch einen Rückzieher machen könne: da ist dann der moralische Druck so hoch, dass niemand mehr nein sagen kann, bis dahin sind ja dann auch schon reichlich Gelder in die Vorhaltung des Grundstückes und den Architektenwettbewerb geflossen.

Wann das Krankenhaus überhaupt rentabel arbeiten kann, steht auch in den Sternen, in den ersten drei Jahren nach Erstellung nach eigenen Worten des Geschäftsführers vermutlich nicht.

Die hier genannten Zahlen sind Schätzungen, daher ist es dringend erforderlich, dass es einen konkreten Kosten- und Finanzierungsplan des Landkreises gibt. Ich begrüße ausdrücklich, dass auch die SPD inzwischen zu dieser Erkenntnis gelangt ist, was aber für mich leider auch die einzige nachvollziehbare Reaktion dieser Kreistagskolleginnen und -kollegen auf die vorliegenden Untersuchungen ist.

Ich werde den Standort Bad Fallingbostel ablehnen und den Standort Dorfmark befürworten.

Dem Herrn Landrat liegt mein Antrag vor, hinsichtlich des Beschlussvorschlages zum Standort des neuen Klinikums D4 statt F4 einzusetzen.

Außerdem beantrage ich die namentliche Abstimmung.